Das Leben im alten Bauernhause


In ältester Zeit spielte sich das häusliche Leben des niedersächsischen Bauern fast ausschließlich auf der Däle, dem Flett, ab, denn dieses war der einzige Wohnraum des Hauses. Die Stuben und Kammern wurden dem Bauernhause erst später angefügt, als die Bedürfnisse der Landbewohner durch städtischen Einfluss schon mannigfaltiger geworden und eine schärfere Trennung zwischen Herrschaft und Gesinde eingetreten war.
Vergegenwärtigen wir uns nun das Leben und Treiben auf einem solchen niedersächsischen Flett in älterer Zeit. - Ein dämmeriges Licht erhielt der Raum von kleinen, auf beiden Seiten angebrachten Fenstern, die häufig mit buntbemalten Glasscheiben verziert waren.. An den Seitenwänden des Flett befanden sich die Schlafstätten, mit Schiebetüren versehene Butzen. Hier standen auch die mächtigen Truhen und Schränke. An der langen Wand, der Howand, glänzten auf Börten, als Stolz der Hausfrau, die zinnernen und tönernen Teller (Fät) und Schalen. Am Speckwiemen vor dem Rehmen hingen Schinken, Würste und Speckseiten zum Räuchern. Hinter dem Herde standen eine niedrige Bank und um den Herd herum einfache Stühle aus mit Binsen oder Weidengeflecht hergestellten Sitzen. Der lange, eichene Esstisch, oft noch von gotischer Form, stand am Fenster. An ihm wurden die gemeinsamen Mahlzeiten eingenommen. Jeder Hausbewohner hatte seinen bestimmten Platz. Messer, Gabel und selbstgefertigte Holzlöffel steckten in einem Lederriemen an der Wand. Suppen und Milch wurden aus einer gemeinsamen Schüssel gegessen.Während des Tages waren die Männer auf dem Felde beschäftigt, und das Flett war dann die Arbeitsstätte der Hausfrau und der Mägde, soweit diese nicht beim Heumachen oder der Ernte helfen mussten.
Auf die Zubereitung der Speisen verwandte man nicht allzu viel Mühe. Das Essen war einfach, derbe, nahrhaft und reichlich, denn die Männer brachten einen tüchtigen Hunger mit, wenn sie vom Felde kamen. Eine Milchsuppe mit eingebrocktem Schwarzbrot, ein großer Grapen mit “Klüten” (Mehlklöße) oder Kartoffeln und einige große Stücke gekochten Specks oder Pökelfleisch bildeten den täglichen Küchenzettel, wenn nicht mit Fleisch und Kartoffeln zusammengekochte Bohnen, Steckrüben oder Erbsen damit abwechselten. Abends gab es wieder Klüten, gebratene Kartoffeln oder Pellkartoffeln und auch wohl einmal als leckeres, von den Kindern besonders bevorzugtes Gericht “Pannkoken” (Pfannkuchen). Einige Satten Dickmilch wurden dazu ausgelöffelt.
Erst nach Anbruch des Abends, wenn die Arbeit getan war, wurde es im Flett und auf der Grotdäl ruhiger. Die Pferde und Kühe hatten ihr letztes Futter erhalten, die Hühner waren längst zu Wiemen gegangen, und überall in Haus und Dorf herrschte Ruhe und Abendfriede. Dann setzten sich die Hausbewohner noch zur gemütlichen Unterhaltung um das Herdfeuer, wo der Trankrüsel, oder in älteren Zeiten der Kienspan, ein mattes Licht verbreiteten. Die Nachbarn pflegten sich wohl mit der Pfeife im Munde einzustellen, um mit dem Hausherrn über die Ernteaussichten, Gemeindeangelegenheiten u. dgl. zu plaudern. Auch wohnten in jedem Dorfe einige alte Leute, die als Geschichtenerzähler beliebt waren und abends gerne ihren gespannt horchenden Zuhörern von Kriegsfahrten, alten Sagen und geheimnisvollen Spukgeschichten berichteten.

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